Mittags war immer eine spannende Tageszeit. Oma spülte ab und Opa machte sein Mittagsschläfchen. Da konnte Paula die Gunst der etwas unbeobachteten Stunde nutzen und die Schubladen im großen Wohnzimmerschrank durchsuchen. 

„Ui – was habe ich denn da gefunden?“, dachte sie. „Hi, ich bin ein Fächer“, sagte das Ding in Paulas Hand.

„Was? Du kannst sprechen?“, fragte Paula. „Ja klar kann ich sprechen“, antwortete das bunte Ding.

„Was macht man denn mit dir?, fragte Paula.

„Mach mich mal auf – ich kann ganz groß und rund werden – dann sehe ich wie eine halbe Blume aus“, sagte der Fächter stolz.

Was war der Fächer froh, dass er endlich nochmal aus der Schublade genommen wurde. Und jetzt wollte er natürlich unbedingt, dass Paula auch mit ihm spielte.

„Weißt du, dass man mit mir auch eine Geheimsprache sprechen kann? So richtig wie in einer spannenden Geschichte?“

„Ne – ich kannte dich ja bisher gar nicht – erzähl mal!“, sagte Paula aufgeregt.

„Pass auf, wir machen was lustiges. Ich bringe dir die Geheimsprache bei und dann kannst du so mit Oma und Opa sprechen. Mal gucken, ob sie dich verstehen“, schlug der Fächer vor.

„Oh ja, das klingt echt spannend – wie ein richtiger Geheimagent“, sagte Paula voller Vorfreude.

„Wir fangen mit zwei ganz einfachen an. Wenn du mich auf die rechte Wange legst, dann heißt das JA. Wenn du mich auf die linke Wange legst, dann heißt das NEIN. Und immer, wenn Oma und Opa dich gleich etwas fragen, dann antwortest du mit Ja und nein in der Fächersprache, ja?“ 

„Ja – das ist richtig gut. Das machen wir!“ Paula war total gespannt darauf, was passieren würde.

Genau in dem Moment war Oma fertig mit spülen.

„Paula, möchtest du ein Eis?“, fragte Oma. Erst wollte Paula jaaaaa schreien, aber dann erinnerte sie sich an die Fächersprache und legte schnell den Fächer auf die rechte Wange.

„Pauuulaaa, ich habe dich gefragt, ob du ein Eis möchtest“. Oma war in der Küche und konnte Paula nicht sehen. Deshalb dachte sie, dass Paula sie nicht gehört hätte.

„Du musst in die Küche gehen, damit Oma dich sieht“, flüsterte der Fächer.

„Ja, gute Idee“ – Paula ging in die Küche und stellte sich vor Oma und drückte wieder den Fächer auf die rechte Wange. „Was ist? Möchtest du ein Eis?“ fragte Oma nun zum dritten Mal. 

„Hm – Oma versteht mich nicht, aber ich möchte ja unbedingt ein Eis“, dachte Paula traurig… 

Da sah der Fächer, dass gerade eine ungünstige Fächer-Geheimagentenstunde war. 

„Paula, es kann nicht schaden, wenn du ein bisschen nickst“, sagte er. „Wir üben dann später weiter…“

Als Paula dann gemütlich mit Oma am Tisch saß und das Eis aß, weihte sie Oma in das Fächergeheimnis ein. Sie brauchte quasi einen Geheimsprachekomplizen.

„Ja, das ist aber eine spannende Geheimsprache“, sagte Oma, als Paula ihre Geschichte beendete. „Weißt du was? Wir veräppeln Opa damit, wenn er aufwacht. Er wird dann bestimmt fragen, ob du ihm Laubkehren draußen behilflich sein kannst. Und dann antwortest du ganz einfach mit ja in der Fächersprache. Und dann frage ich dich was, und ich verstehe dann deine Fächer-Antwort und Opa wird sich wundern, warum er dich nicht versteht. Was meinst du? Machen wir das so?“, fragte Oma.

„Ja, das wird bestimmt lustig. Haha – ich sage ja, dass ich ihm helfen möchte und er versteht es aber einfach nicht. Das ist gut.“

© Silke Siewert, 2014. Alle Rechte vorbehalten.